Wirecard-Pleite: Viele Kreditkartenguthaben in Gefahr

Wirecard-Pleite: Viele Kreditkartenguthaben in Gefahr?

Deutsche Verbraucher und Kleinunternehmer geraten offenbar weiter in den Sog des Wirecard-Skandals – ebenso die deutschen Finanz-Startups Givve und Spendit. Bisweilen ist die Lage nach der Wirecard-Pleite aktuell sehr undurchsichtig.

Wirecard-Pleite: Bafin, EY und Co.

Jahrelang konnte der Zahlungsdienstleister Wirecard wachsen und gedeihen, nahezu unbehelligt von Aufsicht und Kontrollfunktionen – nur einige Hedgefonds und Journalisten meldeten Zweifel an. Dich auf sie hörte man offenkundig nicht. Jetzt, da die Bilanz des Dax-Konzerns wie ein Kartenhaus in sich zusammengefallen ist, überschlagen sich die Nachrichten und alle Verantwortlichen müssen sich die Frage gefallen lassen: Warum reagieren wir erst jetzt nach der Wirecard-Pleite?

Nicht zuletzt der Aufsichtsrat der von Wirecard, die Wirtschaftsprüfer, die kreditgebenden Banken, die Ratingagentur Moodys, die Wirecard noch bis Juni eine ausreichend gute Bonität  bescheinigt hatte. Und natürlich die deutsche Finanzaufsicht Bafin, die sich nun Vorwürfe gefallen lassen muss, das sie lieber Journalisten anzeigte, als Wirecard an die Kantarre zu nehmen. Selbst nach der Finanzkrise 2008, als allen voran die US-Behörden die internationalen Großbanken zu Milliardenstrafen verdonnerten, wirkte die deutsche Bafin lange Zeit wie ein smarter Tiger.

Wirecard-Pleite: Smartphone-Nutzer und Sparer betroffen

Alles Tatsachen, die  Verbrauchern und Kunden von Wirecard nun womöglich wenig weiterhelfen. Denn Wirecard war auch bei Privatkunden aktiv mit dem Bezahldienst boon. und der Direktbank boon.Planet. Bei der App boon. konnten Nutzer Geld auf eine virtuelle Prepaid-Mastercard einzahlen und dann die App zum kontaktlosen Bezahlen im Ladengeschäft nutzen. Bei der App handelt es sich allerdings um keine Bank mit entsprechender Lizenz: boon. wird von Wirecard Card Solutions Ltd. gemäß der Lizenz von Mastercard International Inc. herausgegeben. Das bedeutet, dass Kunden leer ausgehen könnten, weil die gesetzliche deutsche Einlagensicherung in diesem Fall nicht greift. Kunden sollten deshalb versuchen, ihr Geld von der virtuellen Kreditkarte schnell abzuheben. Was aber schwierig werden könnte, da mittlerweile die Konten eingefroren sein dürften.

Anders sieht es bei der Direktbank boon.Planet aus. Sie wird von der Wirecard Bank AG betrieben. Dieses Institut ist durch die Entschädigungseinrichtung deutscher Banken (EdB) geschützt. Der Schutz dieser gesetzlichen Einlagensicherung beträgt pro Einleger und Kreditinstitut bis zu 100.000 Euro. Auch darüber hinaus gehende Einlagen sind gesichert: Das Institut ist zusätzlich Mitglied im Einlagensicherungsfonds der privaten Banken. Der Schutzumfang Deiner Einlage – inklusive des gesetzlichen Schutzes – beträgt hier mindestens 750.000 Euro – so der Bankenverband.

Wirecard-Pleite: Viele Kreditkartenguthaben in Gefahr

Wirecard-Pleite: Banken, Fintechs und Gläubiger

Die Kreditlinie des Bankenkonsortiums soll sich auf 1,75 Mrd. Euro belaufen (es kursiert auch die Zahl 1,85 Mrd. Euro); davon waren zuletzt rund 90% gezogen. Die Linien der Commerzbank, die LBBW und der ING belaufen sich übereinstimmenden Medienberichten zufolge auf jeweils 200 Mio. Euro. Keines der drei Institute widersprach vergangene Woche auf Anfrage von Finanz-Szene.de dieser Darstellung. “Das Geld ist weg”, zitiert „Reuters“ einen Banker, “in einigen Jahren bekommen wir vielleicht ein paar Euro zurück, aber wir müssen den Kredit jetzt abschreiben”.

Das gilt auch für die 500-Mio. Euro-Anleihe, die Wirecard erst im September 2019 ausgegeben hatte und die in diversen Fonds und Mandaten in kleinen Stückzahlen diffundiert ist – und für die meisten Privatanleger eine zu große Stückelung hatte, man musste nämlich 100.000 Euro anlegen. Das Papier hat nur noch 19,5 % des Nennwerts – auch Anleihenprofis dürften also wenig Hoffnung haben, aus der möglichen Insolvenzmasse bedient zu werden.

Die Folgen für die Finanz-Startup-Branche werden wohl vor allem indirekter Natur sein: Der bekannte Fintech-Blogger André Bajorat schreibt bei „Payment and Banking“: „Dieser Skandal […] wird die Finanz-Branche und -Aufsicht nachhaltig verändern. Die schon immer als hart geltende deutsche Aufsicht wird ihr Vorgehen im Umgang mit sogenannten neuen Geschäftsmodellen sicherlich überdenken und ab sofort eine angepasste Verwaltungspraxis an den Tag legen. So kann und muss man wohl auch die aktuellen Aussagen des Bafin-Chefs verstehen. Das wird sicherlich Folgen für den Markt haben und vermutlich den bewährten Playern leichter fallen.“

Aktuelles zum Fall Wirecard: Ist alles noch viel schlimmer?

Für den insolventen Zahlungsdienstleister Wirecard kommt es noch dicker. Wie die „Financial Times“ berichtet, scheint es um das Geschäft in Europa und Amerika schon seit längerem alles andere als gut zu stehen.

Bezahlen per Guthaben: Die Wirecard Prepaid Kreditkarte

Die Wirecard ist eine Art virtuelle Kreditkarte. Kunden können sich online anmelden und ein Konto bei der Wirecard-Bank eröffnen. Dieses wird dann per Bareinzahlung, Überweisung oder Lastschrift aufgeladen. Mit der virtuellen Karte können User dann bei allen Onlineshops zahlen, die eine Mastercard akzeptieren. Das bedeutet, dass Kunden mit der Wirecard in weitaus mehr Shops bezahlen können als mit den anderen Bezahlsystemen. Weil die Karte über ein Prepaid-Sytem funktioniert, haftet der Kunde bei Verlust, Diebstahl oder Betrug maximal mit seinem aufgeladenen Guthaben. Wer will, kann bei der Wirecard-Bank gegen eine Gebühr auch eine Prepaid-Mastercard im klassischen Kreditkartenformat beantragen, mit der man dann zum Beispiel zusätzlich an Geldautomaten Bares abheben kann.
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Quelle: Philipp Haas – investresearch TV / YouTube

Was wird uun aus dem Dienstleister Wirecard?

Das hängt davon ab, welche Pläne der Insolvenzverwalter Michael Jaffé verfolgen wird. Darauf, dass aus dem Insolvenzverfahren nochmal eine „neue Wirecard“ hervorgeht, solltest Du aber nicht unbedingt wetten. Und welche Teile im Falle einer Zerschlagung für die Konkurrenz interessant sein könnten – auch das muss die Zeit erst einmal weisen. Zu befürchten steht, dass konkurrierende Payment-Plattformen wie Adyen  an Wirecards Kunden interessiert sind und diese nun versuchen wird abzuwerben.

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